Ein «Schutzmantel» besonderer Art

Schutzmantel Seitenansicht (Foto: Eichin)

In der der Predigerkirche ist vom 1. Oktober bis zum Jahresende 2023 ein Kunstwerk zuhause, das einen wesentlichen Erfahrungsraum christlicher Spiritualität thematisiert: die Begegnung mit einer rettenden Kraft, einer schützenden Gegenwart, einer Geborgenheit, die die Freiheit will.






Die christkatholische Kirche Basel wird bald 150 Jahre alt und nimmt dieses Jubiläum zum Anlass, mit einem Kunstwerk auf einen wesentlichen Charakterzug ihrer Geschichte hinzuweisen! Informationen dazu finden Sie auf unserer Homepage. Die Vernissage des Kunstprojekts findet im Anschluss an den Gottesdienst vom 1. Oktober um ca. 11.30 Uhr im Beisein der Künstlerin, Astrid J. Eichin, statt.

Das Bild des Schutzmantels reicht weit in die Kulturgeschichte zurück und wir finden es in verschiedenen Zusammenhängen: bei der sogenannten „Mantelflucht“ konnte ein Verfolgter sich unter dem Mantel einer hochgestellten Persönlichkeit bergen und hatte Anspruch auf Begnadigung.
Bei der «Mantel-Kindschaft» wurden vorehelich geborene Kinder legitimiert und adoptiert, indem sie während der Trauung unter den Mantel der Mutter genommen wurden. Es finden sich seit dem 13. Jahrhundert zahlreiche Marienbilder, die darstellen, wie Menschen unter dem weiten Mantel der Gottesmutter Geborgenheit suchen und finden. Ganz selten findet sich auch die Christusgestalt mit einem bergenden Mantel. Die Mariendarstellungen erfuhren besonders in Zeiten der Pest einen regen Zulauf.

Eine wildere Seite des «Schutzmantels» findet sich im Märchen «Allerleirauh» der Gebrüder Grimm: die Königstocher findet Schutz in einem Mantel, der aus den Fellen aller Waldtiere gefertigt ist. Auch bei unserer Haut sprechen wir von einem „natürlichen Schutzmantel“ und meinen damit einen pH-Wert, der im leicht sauren Bereich liegt.

Aus der Idee geboren dauerte es gut zweieinhalb Jahre, bis die Künstlerin Astrid J. Eichin aus Lörrach das begehbare Zelt in Form eines Mantels fertiggestellt hatte. Eine eigene Kraft und Dynamik erhält das Schutzmantelzelt durch (bisher) 140 Menschen aus 17 Ländern, welche die Hände auf ein Tuch gestickt haben. Facettenreich und überaus vielschichtig ist der Ausdruck geworden. Eichin schreibt dazu: «Seit Jahren entstehen Hüllen und Mäntel aus verschiedenen Materialien in meinem Atelier. Als mich die ersten gestickten Schutzmantelteile erreichten – auch von Menschen, die ich gar nicht kannte - wusste ich: hier entsteht ein berührendes Zeugnis der Verbundenheit. Ein Ausdruck dessen, was geschehen kann, wenn wir einander beschenken und miteinander teilen.»

Das Schutzmantelzelt in der Predigerkirche lädt zu einer persönlichen Erfahrung ein: Wie fühlt es sich an, mich in das Schutzmantelzelt zu setzen oder zu legen? Wo begegnet mir die Erfahrung von Geborgenheit? «Eine Freude ist es mir, dass der Schutzmantel in der Predigerkirche in Basel als erstem Ort in der Schweiz zu sehen sein wird», äußert die Künstlerin Astrid J. Eichin. Sie wird bei verschiedenen Anlässen das Kunstprojekt vorstellen und Führungen anbieten.
Publiziert von Franz Osswald am 30.08.2023