Tagebuch vom Evangelischen Kirchentag Hannover

Ev. Kirchentag Hannover (Foto: zVg)

Isabelle Voirol, unsere Seelsorgerin, wird vom Evangelischen Kirchentag in Hannover Tagebuch führen und uns aus der Ferne mit Wort und Bild auf dem Laufenden halten.









Sonntag, 4. Mai 2025

Während in Basel die Vorbereitungen für die Eucharistiefeier und den Auftritt des Jodlerchor Jutz laufen, sind wir nach einer kalten Nacht wieder auf den Beinen. Unser letzter Tag in Hannover steht bevor. Nach dem Frühstück wollen wir den Schlussgottesdienst in der Innenstadt besuchen.

Auch an diesem Morgen bereiten Helfer:innen aus der Altkatholischen Gemeinde ein grosszügiges Frühstück für uns und die anderen Gäste hier im Gemeindehaus her. Wir werden richtig verwöhnt!
Mit gepackten Koffern und Rucksäcken trifft sich unsere Gruppe hier, von wo aus wir dann am Nachmittag die Heimreise antreten werden. Nach dem Frühstück nehmen wir die Stadtbahn in die Innenstadt, wo auf dem Platz der Menschenrechte der Schlussgottesdienst stattfinden wird.

Es ist kalt heute, dennoch kommen 26'000 Menschen zum Schlussgottesdienst in die Innenstadt. Es ist eindrücklich, mit so vielen Menschen Gottesdienst in den Strassen zu feiern. Damit alle einen Blick auf das Geschehen auf der Bühne erhalten können, werden riesige Leinwände aufgestellt.

Wer interessiert ist, kann den Gottesdienst auf der Homepage des Kirchentags nachschauen. Er ist unter folgenden Link zugänglich: https://www.kirchentag.de/live . Ich finde, es lohnt sich reinzuschauen. (Der eingebundene Film befindet sich unten auf der Seite).

Gerne weise ich auf die Predigt von Frau Prof. Dr. Hanna Reichel, Systematische Theologie, Princeton/ USA hin.
Predigttext ca. bei Stunde 1:08 (Römer 8, 31.35-39)
Die Predigt beginnt in der Aufzeichnung ca. bei Stunde 1:14
Im Anschluss an die Predigt folgt ca. bei Stunde 1:25 als Nachklang eine Tanzaufführung, die meines Erachtens lohnenswert ist, sich anzuschauen.

Eine gemeinsame Eucharistiefeier wird gefeiert. Originell gemacht, denn der Traubensaft wird dem Hostienteig beigemischt und mit verbacken, sodass Brot und Wein vereint gespendet werden. Beeindruckend auch die Umsetzung der Verteilung der Hostien: Es sind jeweils zwei Personen gemeinsam unterwegs und kursieren mit den Hostien in der Menge. Die eine Person trägt lange Zweige mit Weidenkätzchen dran, die in der Menschenmenge gut sichtbar sind. Die zweite Person trägt ein Körbchen mit den Hostien und teilt sie aus.

Immer wieder finde ich während des Gottesdienstes Elemente, die mich faszinieren und staunen lassen.

Auch die Musik ist eines dieser Elemente. Musikalisch ist der Gottesdienst umrahmt von Musik verschiedener Stile: Rap (UEberflows), Posaunenchöre, Blechmusiker:innen, Chor u.a.m.

Eindrücklich und kraftvoll, ausdrucksstark und bewegend – so würde ich die Predigt umschreiben.

Nun zurück zu unserer Gruppe: Den Nachklang des Gottesdienstes lassen wir aus, um nicht in die ganz grossen abziehenden Menschenmengen hineinzugeraten und um nicht in Zeitnot zu kommen, liegen doch noch ein paar Programmpunkte vor uns bis wir in den Zug steigen. Wir kommen gut durch, sodass uns noch Zeit bleibt, im Quartier der Gemeinde im Mohnkuchen Café etwas zu trinken. Christoph lädt uns zu einer Café-, Thé- und Heisse Schoggirunde ein – Danke, Christoph! So sitzen wir also draussen, wo sich ab und zu auch die Sonne zeigt und uns wärmt.

Am Mittag lädt uns die Altkatholische Gemeinde zu einer Suppe im Gemeindehaus ein. Dann steht der Abschied bevor. Letzte Gespräche werden geführt, gegenseitige Einladungen ausgesprochen, Nummern ausgetauscht. Oliver und Marion, das Pfarrehepaar, haben uns in diesen Tagen gastfreundlich, hilfsbereit und warmherzig umsorgt. Und wir haben ihnen das Versprechen abgenommen, dass sie uns – wenn sie in der Nähe sind – besuchen mögen! Vielleicht klappt es gar schon im kommenden Jahr. Oliver hat nämlich vor, anlässlich des Internationalen Altkatholiken-Kongresses (IAKK) in Rheinfelden, in unsere Gegend zu reisen.

Mit Sack und Pack geht’s dann an den Bahnhof. Der Zug ist ohne Verspätung angekündigt. Ein Versprechen, das gehalten wird! Der Zug ist pünktlich und randvoll! Es bleibt uns Zeit für Gespräche, fürs Dösen, Essen, Rausschauen in die vorüberziehende Landschaft. In Basel gehen wir auseinander: Müde, voller Eindrücke, aber – so mein Eindruck – zufrieden.

Wer weiss, ob wir nächstes Jahr an den 104. Deutschen Katholikentag in Würzburg, oder dann 2027 an den 40. Deutschen Evangelischen Kirchentag nach Düsseldorf reisen werden?! (Isabelle Voirol)



Samstag, 3. Mai 2025

Nach einer etwas kälteren Nacht in den Zelten, treffen wir beim Frühstück in der Gastgemeinde auf den Rest unserer Gruppe. Wir geniessen das üppige Frühstück und gehen um 8.00 zur Morgenandacht.
Wir verabschieden uns von Ela, die uns leider schon frühzeitig verlässt und machen uns um 9.45 Uhr alle gemeinsam auf den Weg zum Messegelände. Auf dem Plan steht Dialogbibelarbeit mit Mariann Edgar Budde. Sie ist Bischöfin der Episcopal Diocese of Washington in Washington USA und insbesondere bekannt geworden wegen einer Predigt. Nach der Inauguration feiern seit Jahrzehnten die amerikanischen Präsidenten in der Washington National Cathedral einen Gottesdienst. Die Predigt hält die:der zugehörige Bischöf:in, seit 2014 ist das Mariann Edgar Budde. In ihrer Predigt spricht sie Donald Trump direkt an und bittet: «Haben Sie Erbarmen mit den Menschen, die Angst haben, Herr Präsident.» Insbesondere sind hier Immigrant:innen, Flüchtlinge und trans Menschen gemeint. Sie spricht dem Präsidenten ins Gewissen. Das waren Worte, die den Präsidenten ärgerten. Es sind aber auch Worte, die die Bischöfin in kürzerster Zeit weltberühmt machten – die sozialen Medien waren voll von ihrer Botschaft und dafür wurde sie gefeiert! In ihrem Buch «Mutig sein» (Engl. How we learn to be brave) schreibt sie darüber, wie wir den Mut als Lebensweg wählen und wie wir uns zum mutigsten unserer Selbst entwickeln können. Und diesen Mut hat sie allemal bewiesen.
Die Halle, in der die Dialogbibelarbeit mit Budde stattfindet, ist die grösste des Kirchentages. Und sie ist voll. Die Menschen stehen. In einer Schlange von ca. 300 Menschen stelle ich mich (Romana) für ein paar Kopfhörer an, mit denen man die Direktübersetzung vom Englischen ins Deutschen mithören kann.
Wie viele der Veranstaltungen am Kirchentag – auch wenn es politische sind – beginnen wir mit einem gemeinsamen Lied. Es wurde ein Liederheft für den Kirchentag geschrieben, aus dem passende Songs ausgewählt werden, damit alle – mehrere hundert Menschen – diese zusammen singen können.

Budde wird mit viel Begeisterung begrüsst – die Freude und Erwartung, dass diese mutige Frau den weiten Weg hier zu uns gemacht hat, ist gross. Sie hat Präsenz. Mehrere hundert Menschen, sind da, um ihr zuzuhören – einer Frau, die ehrlich und mutig ist.
In ihrer Bibelarbeit ist es ihr wichtig, dass, wenn wir über den Text Matthäus 28,1–10, wir auch Zeit für unsere eigenen Gedanken oder einen kleinen Austausch mit den Nachbar:innen haben. Sie bemerkt, dass zwischen uns vielen, wohl kaum eine richtige Diskussion möglich ist, aber sie ist sich sicher: «I trust, that the spirit of God will move between us.»
Die Bibelstelle erzählt das Ostergeschehen – zwei Frauen kommen ans Grab und erkennen, dass der Stein weggerollt ist und ein Engel darauf sitzt, der sich nun an sie wendet. Alle Evangelien, so Budde, erzählen zwar dieselbe Ostergeschichte, aber stimmen in vielen Details nicht überein. Wichtig an diesen Erzählungen sind aber auch insbesondere diese kurzen Geschichten, die in den Evangelien DANACH kommen. Die physische Präsenz Jesu in den Erscheinungen, nach dem er auferstanden ist, sind wichtig. In allen Erzählungen nach der Auferstehung gibt es kein einziges Anliegen, dass Jesus auferstanden ist, um das Leben zu leben, dass er davor lebte – es gibt kein Hinweis darauf, dass er zum Leben davor zurückkehren würde. Seine Erscheinungen beschreibt Budde so: «He comes, and he goes. He never stays long. And sometimes he vanished from their side.» Diese Geschichten versuchen zu beschreiben, was es heisst, diesen Moment von Jesus zu sehen – aber eben «just for a moment».
Die Aussage der Geschichten liegt nicht in den Details, sondern in der generellen Botscahft: «The experience and hope, what it feels like to have an encounter to meet jesus and have a relationship with him.» Genau das möchten diese Geschichten vermitteln.


Budde hat immer wieder mal eine Frage ans Publikum gerichtet und ich habe mir ein paar der Fragen notiert, um sie euch mitzubringen.
«When have you been summoned or called to rise in the dark and walk toward the light or a new dawn? Or might there be a ligth of dawn that ist calling you now or perhaps all of us together?» Hier denkt sie insbesondere an das, was die beiden Frauen, die an das leere Grab Jesu kommen, erlebt haben.

Zu den Frauen sagt Budde: «I doubt that the women feld bold when they rose from the bed in the dark. I see them still filled with griev and the trauma of seeing someone they loved killed in such a way. They went because perhapts there was one last they could do for him. They wanted to be close to his body, wanted to see the tomb. […] What on earth am i going to do today? At least i can go where his body is. At least I can do that.»

Ihre nächste Frage an uns: «When do I felt last the need to move, simply because I needed to be there? Was that a brave thing to do? Did others think I was being brave?» Nach diesen Fragen gab sie uns immer Zeit, uns darüber Gedanken zu machen oder uns auszutauschen. Sie hat auch immer gefragt und mit Handerheben haben Leute, die das gespürt haben, die Fragen bejaht. Man hat sich dafür nicht geschämt, die Hand zu heben oder auch nicht. Es war eine angenehme Stimmung unter diesen Hunderten von Menschen, die wie gebannt an den Lippen der Bischöfin hingen.

«Sometimes», fährt Budde fort, «when we feel that call to go, we’re quite alone. But the feel ist equally strong, we need tob e there or to do this thing. It does feel like we are moving toward something that calls us – I believe that’s one oft he way the Spirit of God moves in our lifes.»

Sie kehrt zur Bibestelle zurück und wir gehen gemeinsam einen Satz weiter und beschäftigen uns mit dem Erdbeben. «Sometimes when we are trying to explain dramativ experiences, we use such language. The removal oft he sone is also very symbolic: A stone is heavy! Well beyond of the capacity of two women. When they arrive, the stone ist removed and I wonder what does this feel like? When such an enormous obstacle is removed!» Sie wirft hier so nebenbei die Frage auf, was die Frauen wohl getan hätten, wenn der Stein noch da gewesen wäre. Hätten sie versucht, ihn selbst wegzurollen? Hätten sie jemanden darum gebeten? Oder haben sie einfach eben genau dieses Bedürfnis gespürt, da jetzt hinzumüssen, weil sie irgendwie im Wissen darüber waren, dass eben der Stein fort sein würde?

«Do not be afraid» sind die ersten Worte, die der Engel an die beiden Frauen richtet. «Do not be afraid. Which suggests, that ist terrifying to meet an angel! Especially when it moves away a large stone and is sitting on it! But sometimes someone speaks to us with a higher power and it cab be a lifequake to us! Do not be afraid simply means it’s going to be alright.» Budde bringt den Begriff «lifequake» ins Spiel, den sie auf einen amerikanischen Schriftsteller zurückführt. Er soll genau eben ein solches Erdbeben – «earthquake» – beschreiben, einen Moment im Leben, der erschütternd ist und uns herausfordert. Denn genau so etwas haben auch diese zwei Frauen am Grab erlebt.

Budde geht nun weiter darauf ein, dass die Frauen den Auftrag gekriegt haben, die Botschaft der Auferstehung zu verbreiten. Dabei nennt sie ganz klar, dass diese Frauen als Apostelinnen den anderen Aposteln diese Botschaft zu übermitteln hätten, denn auch die Frauen seien Apostelinnen! Darauf erhebt sich tosender Applaus im Publikum! Die Frauen verlassen den Ort mit «fear and great joy. They began their journey with grief – very powerful perhaps conflicting emotions! Do they feel brave? Bold? Clear is, things ar changing very quickly!»

Auf ihrem Weg treffen sie auf Jesus und er sagt dieselben Worte zu ihnen wie der Engel: «Do not be afraid!» Budde führt weiter aus: «First the angel, now Jesus. The woman are the wittnesses and the first messengers of the resurrection!»

In den letzten Momenten zeigt sich, worauf sie ihre Dialogbibelarbeit, die sich mittlerweile mehr nach einer Predigt anfühlt, hinausläuft: «Why go back go Galilee? It was where they began with Jesus. Place of refuge, they ar leaving the danger of Jerusalem. Galilee is, where he first thought them, healed them, and began a movement based in Gods love. They will go back to Jesus! To go back to the beginning oft he story and read again and again and to live our lifes in the light and love of Jesus. We will never go back to the life before, but that was before is still with us – our life is changed, but not ended. Resurrection happened not lang ago, it is part of our encounters as followers in jesus. A joureny of awakenings! A proess of moving to something new, a journey from griev and fear to joy and courage.»

«Why Jesus died? Yes, it was a necessary sacrifice for our sins. But he also lived for us. He came to show us how to live and how to love and in going back to Galilee the disciples are reminded on everything he thought them there! Why he lived is as important for us as his death. And when they arrived in Galilee they have on final encounter with Jesus as risen.
The best of all: ‘Remember that i am with you always.’ Jesus sais, I am with you always tot he end ot he age. And that is the promise he gives to us as we live our history to faith. Jesus lived and is with us now to show us how to love. He died to forgive us for all the ways we failed to love. He is risen to be with us always, he is not just watching us! He is here. Right here. To inspire, to guide, to forgive, to empower us to love als he loves and to forgive as he forgives.»

Budde endet mit einem einfachen «Dankeschön» auf Deutsch.

Die Stimmung in der Halle? Aufgeladen. Die Leute sind mitgenommen. Ihre Worte haben uns bis in unser Innerstes berührt. Der Kirchentag war bis hier hin erfüllt von Segen, Freude und Liebe. Aber hier? Ich glaube, ich spreche nicht nur für mich, wenn ich sage, dass hier der Heilige Geist spürbar war. Er war da. Und er hat zu Tränen gerührt. Mit dem Song, den wir nach dem Gespräch mit Budde angestimmt waren, konnten wir diesen Gefühlen Ausdruck verleihen: «Sei stark und mutig, Gott ist mir dir, denn sein Geist stärkt dich, strahlt hell in dir. Lasst uns gemeinsam ein Meer von Lichtern sein, Liebe zu teilen, Liebe zu sein.»
Ich glaube in diesem Moment, wenn Hunderte oder gar ein Tausend Menschen sich während dem Singen eines Liedes, dass sie gerade erst lernen, erheben, um gemeinsam den Moment zu lieben, gemeinsam den Glauben, die Liebe zu feiern, wurden uns bewusst, was es heisst, Glaube zu leben und zu fühlen. Es war ein Moment, der zu Tränen rührte und tief im Herzen bewegte und uns so schnell nicht loslassen wird. Danke, Mariann Edgar Budde, für diesen Moment und für deinen Mut, der inspiriert.

Im Anschluss war vorgesehen, dass wir einen Bibliolog mit dem Thema «Neu beginnen – mit Furcht und Freude. Der Ambivalenz von Aufbrüchen nachspüren» besuchen. Wie schon ein paar Mal in diesen Tagen, ist die Veranstaltung ausgebucht, also halten wir Rat, was nun zu tun sei. Die Gruppe trennt sich, ein Teil geht in die Stadt, um sich dort zu verweilen, ein paar erkunden die Stände und verschiedenen Angebote auf dem Messegelände. Und eine weitere Konstellation geht zum Bewegungsangebot und erprobt sich in unterschiedlichen sportlichen Spielen. Ein Angebot, das rege genutzt wird! Wir kommen dabei auch – trotz kühleren Temperaturen – ins Schwitzen. Über Mittag verpflegen uns am selben Ort wie am Vortag. Das macht die Sache einfacher. Denn das Messegelände ist weitläufig und die Navigation im Gelände ist nicht ganz so einfach.

Am Nachmittag konstellieren sich die Gruppen erneut anders, je nach Interessensschwerpunkten stehen handwerkliches Tun, eine Podiumsdiskussion zum Thema «Frieden kommt nicht allein» und ein fehlgeschlagener Versuch, einen Workshop zu besuchen – da voll – und die damit verbundene Flexibilität, auf ein Alternativen umzusteigen auf dem Programm. Mein Bericht fällt kurz und knapp aus, weil wir schon bald wieder unterwegs sein werden.

Nach einem vorzüglichen Abendessen in einem persischen Restaurant, das uns Jean-Luc via Beziehungen empfohlen hat, gehen wir zurück aufs Messegelände zur Nacht der Lichter. Dieser Gottesdienst mit Gesängen aus Taizé und Kerzenschein rundet den Tag ab. Der Gesang von Hunderten Teilnehmenden und der Kerzenschein geht nahe und führt in die Ruhe.
Merklich müde, gehen alle zurück zu ihren Betten. Weil die Nacht kalt ist und der Wind geht, dürfen wir im Speisesaal der Gemeinde übernachten. Nicht alle wollen drinnen schlafen und legen sich ins Feldbett im Zelt. Die Nacht ist kalt aber wunderbar!

Der letzte Tag bricht nun an. Davon dann aber später.



Freitag, 2. Mai

Heute kommt ein Teil des Tagebuchs in Form eines Puls- und Stimmungsbarometers: es ist Freitagabend, 17:15 Uhr:

Lassen wir die Teilnehmenden sprechen:
«Intensiv!»
«Clarinda, Annina und ich erhielten in der Halle 14 auf dem Messegelände die Genehmigung der Reinigungskraft für den Zutritt zur Männertoilette…»
«Ein lehrreicher Morgen und ein gewaltiger Nachmittag»
«Olaf Scholz ist ein sehr menschlicher Politiker»
«Kirche soll politisch sein: zwei spannende Referate von und mit Armin Laschet und Olaf Scholz»
«Schöne menschliche Begegnungen in stürmischen Zeiten!»
«Wir haben gesegnet und sind gesegnet worden…»
«Das Engagement und die Lebensfreude in der Halle der Jugend hat mich beeindruckt»
«Niki de Saint Phalle an der Leine anstatt Vertiefung ins Herzensgebet»
«Ein Kreuz für die Hosentasche als Begleitung: Jesus als Schlüsselfigur»
«Der Poetry-Slam war sehr berührend»
«Horizonterweiternd auf allen Ebenen»
«Vielfältig reitüberflutend» (von Isabelle Voirol)


Der heutige Tag war vielfältig, eine Sturmwarnung inklusive

Wir gingen an diesem Tag in zwei unterschiedlichen Gruppen los. Nach dem Frühstück und deiner gemeinsamen Taizé-Andacht mit der Gastgemeinde ist ein kleiner Teil von uns auf zum Messegelände. Wir wollten an einer trialogischen Bibelarbeit (Judentum-Christentum-Islam) teilnehmen, doch die Veranstaltung war bereits zu voll. Wir wechselten die Halle und wurden so Teil einer Dialogbibelarbeit mit Armin Laschet, Ministerpräsident a.D., Berlin und Christiane Tietz, Theologieprofessorin und neue Kirchenratspräsidentin, Darmstadt. Während die beiden sich über den Bibeltext Jer 29,1–14 unterhielten, hat vor, während und danach ein Chor der Evangelisch-lutherischen Kirche Sloka aus Lettland gesungen. Es waren bereits Hunderte vor Ort und wir setzten uns etwas weiter hinten auf die Kartonhocker.
Das Gespräch war sehr intensiv und stark politisch. Ich möchte deswegen gerne ein paar Eindrücke festhalten. Da die Jeremia-Textstelle sich mit dem Exil beschäftigt, war auch das Thema Migrationspolitik an oberster Stelle. Laschet hielt gleich zu Beginn fest: «Der Einzelne, der hier ist, kann nichts dafür, wie die Welt jetzt ist!» Wenn wir über Migration, Flüchtlinge und Kriege sprechen, dass muss der Friede, für den wir arbeiten und auf den wir hoffen, gerecht sein. Christiane Tietz ergänzt, dass dieser Friede nicht nur gerecht sein muss, sondern es insbesondere ein gerechter Friede in Freiheit sein muss, den wir brauchen. Denn wir haben nur die Gesellschaft, in der wir jetzt gerade leben, und mit der muss man respektvoll umgehen.
Das Gespräch drehte sich aber nicht nur darum, sondern besonders auch Laschet legt den Fokus auf die Kirche, wenn er sagt, dass gerade der:diejenige, der:die Christ:in ist, immer als Kirche auch an der Weltgestaltung teilnimmt – Kirche ist Weltgestaltung! – und somit immer auch politisch sei. Auf diese Aussage hin gab es grossen Applaus vom Publikum.
«Manchmal denke ich, so wenig Zukunft war noch nie. Und dann frag ich mich, woher die Hoffnung nehmen?», fragt sich Tietz im weiteren Verlauf des Gesprächs. «Verführt der Glaube in eine rosarote Traumwelt? Beschreibt er eine Utopie? Ja, diese Situation kenne ich. Dass der Glaube mich vergessen lässt. Aber wäre der Glaube nur so, dann hätte Karl Marx Recht gehabt, dass der Glaube Opium für das Volk sei. An dieser Welt, in der wir leben, scheint so vieles Gott zu widersprechen. ‘Immer, wenn ihr von ganzem Herzen nach mir fragt, lass ich mich von euch finden.’ (Jer 29,13) Ist hier die Bedingung für Frieden gesagt? Ja, es gibt einen grossen Widerspruch zwischen Gott und vielem. Aber er ist anders: Gott widerspricht dieser Welt, dort wo sie Gott widerspricht!»
Das Gespräch entwickelt sich weiter und möchte zum Ende noch zwei Statements nennen, die mir hängen geblieben sind. Wieder ist es Laschet, der das Christsein in den Raum stellt, wenn er sagt: «Wenn alle nach der christlichen Botschaft leben, dann hätten wir vielleicht eine bessere Welt.» Daraufhin wendet sich Tietz an das Publikum – an uns –, lächelt und sagt: «Hier sind viele Menschen, die danach leben! Kirche ist nicht nur eine Zahl, sondern jeder Einzelne, der sich dafür einsetzt, der dafür lebt.»

Nach diesem intensiven Tagesstart zerstreut sich die bereits halbierte Gruppe etwas. Während ein Teil sich die mehreren hundert Messestände ansieht, etwas shoppen und basteln geht, gehen die anderen weiter zum Hauptpodium an diesem Tag: Olaf Scholz, (noch) Bundeskanzler Deutschlands und Christina von Saß, Journalistin NDR, reden über das Thema «Zuversicht in herausfordernden Zeiten». Hier sind noch mehr Menschen anwesend und das Gespräch wird live übertragen.
Kaum betritt Olaf Scholz die Bühne, erhebt sich das Publikum und gibt ihm tosenden Applaus. Während man über eine App Fragen an Publikumsanwält:innen stellen kann, wird das Gespräch sowohl in Gebärden- als auch in leichte Sprache übersetzt.
Die Interviewerin stellt Scholz ein paar fiese Fragen, er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, kriegt dafür aber auch für seine Aussagen viel Applaus und etliche Lacher vom Publikum und scheint sich sowohl auf der Bühne, als auch umgeben von Kirchentagsgänger:innen wohl zu fühlen. Auch hier möchte ich ein paar seiner Aussagen festhalten, weil auch gleich am selben Morgen noch die AFD von der …. Eingestuft wurde.
Die Interviewerin fragt den Bundeskanzler gleich zu Beginn, wie er mit seiner Aufgabe umgeht und stellt dies in Verbindung zum Motto des Kirchentages «stark – mutig – beherzt», er antwortet: «Wer eine Führungsaufgabe hat, muss in der Lage sein, Entscheidungen zu treffen, auf die man keinen Ausweg weiss – man muss also Mut und Kraft haben, diese zu treffen.» Scholz ist aus der Kirche ausgetreten, warum?: «Das ist eine Sache, die ich mit mir ausmache. Wer eine Regierungsaufgabe hat, muss die Gläubigen (alle!) beschützen. Und dafür bin ich verantwortlich und vielleicht ist das auch eine philosophische Lebensfrage, der ich in einem solchen Gespräch ab meinem 80. Lebensjahr nachgehen werde.» Das Publikum lacht, auf das Nachbohren der Interviewerin hin, dass sie es trotzdem gerne hören würde, schweigt er stoisch.
Auf die Frage, was ihm in schwierigen Zeiten Halt gibt, antwortet er, dass die wichtigsten Errungenschaft des Christentums die Entdeckung der Menschheit sei – dass wir uns im Gegenüber des anderen wiedererkennen. Es wurde hier leider nicht darauf eingegangen, wie das mit anderen Religionen ist, denn auch hier schwang wie bereits in der Dialogbibelarbeit mit Tietz und Laschet die Frage der Migrationspolitik mit und der Schwerpunkt lag darauf zu sagen, dass wir als Menschen Menschen gegenüberstehen und diese als solche zu erkennen haben. Gerade der Kirchentag, so Scholz, sei eine Veranstaltung, auf der man lernen könne, dass es auf jede:n Einzelne:n von uns ankommt, dass es zählt, was wir machen und dass es einen Unterschied in der Welt macht, in der ich lebe. Uns steht heute alles offen. Und doch gehen Menschen unterschiedliche Wege. Im Hintergrund dieser Aussage steckt die Bildungspolitik von Scholz, denn er hält etwas frustriert fest, dass trotz der rechtlichen Grundlage, dass alle alles machen könnten, liessen doch viele Umstände oder auch einfach bewusste Entscheidungen das auch nicht immer zu – Menschen können sich nicht immer, aber auch immer wieder anders entscheiden. Das Gespräch schwenkt über zum Rechtspopulismus und Scholz hält ganz klar fest, dass eine Gesellschaft, in der die, die essen, sich anders empfinden als die, die das Essen bringen, keine gute ist. Denn Respekt für das Gegenüber ist eine der wichtigsten Grundlagen! Auch für diese Aussage erhält Scholz tosenden Applaus. Die Interviewerin scheint nicht unbedingt Fan von ihm zu sein, denn sie merkt an, dass das langsam genug Applaus wäre, woraufhin das Publikum nur lauter wird.
Natürlich kann man kein Gespräch mit Olaf Scholz führen, ohne über die AFD zu sprechen, insbesondere, wenn sie am selben Tag als rechtsextremistisch eingestuft wurde. Scholz: «Wir bewegen uns im politischen Streit mit der AFD, die AFD hat immer wieder gegen ihre Verurteilungen geklagt. Die jetzige Entscheidung wurde sorgfältig erarbeitet und darüber muss jetzt eine politische Debatte entstehen. Auf Basis dieser Einschätzung ist es wichtig, dass weiter beobachtet wird und welche Konsequenzen auf der bestehenden Rechtslage sich nun ergeben. Neu muss bewertet werden, was sind das für nächste Schritte, die wir zu gehen haben?» Die Interviewerin fragt, ob die AFD verboten werden könnte. Scholz weicht der Frage geschickt aus und beantwortet sie nicht konkret: «Das ist etwas, was man nicht übers Knie brechen darf.» Er spricht sich ganz klar gegen einen Schnellschuss aus und sagt nicht, wie man nun vorzugehen habe.
Auf die Frage, dass die AFD gewählt wurde und weiterhin wird, als ein Produkt seiner Kanzlerschaft zu betrachten wäre, antwortet er: Es bedrückt mich! Ich glaube, dass wir, wenn wir die Frage beantworten, wie das verändert wird, den Blick vorher nicht richtig war – man kann nicht sagen, wer schuld ist. Das Motto dieses Kirchentages spielt hier eine ganz zentrale Rolle!» Aber wie soll man den Menschen von rechtspopulistischen Meinungen wegholen? «Wichtig ist, dass wir unterschiedlich mögen. Sich zu verfeinden ist eine Antwort auf unsichere Zeiten. Wir müssen alles dafür tun, dass Menschen Zuversicht haben, dass man in die Zukunft blicken kann, und es gut werden kann für sich und seinesgleichen. Diese absurden Debatten, die nicht nur von rechten Populisten geführt werden, was alles schlecht ist, sind Debatten, die nur von denen geführt werden, die sich beklagen, dass es sie stört. Jeder soll so leben, wie er will, solange er niemanden beeinträchtigt, mit seinem Familienkonzept, seiner Liebe, etc. Das ist die Welt, in der ich leben möchte! Eine Demokratie, in der ein substanzieller Teil, der arbeitet, kein Stimmrecht hat, hat ein Problem.» Auch für die Praxis hat er Bundeskanzler einen Tipp. Im Umgang mit Rechtspopulist:innen, aber auch anderen, hat er ein Prinzip: «Wenn jemand eine Frage stellt, kriegt er auch eine Antwort. Das ist für viele, die sehr rechte Positionen vertreten, manchmal etwas, mit dem sie nicht umgehen können. Die denken, die Frage wäre schon die Antwort. Wenn man nüchtern antworten, sind sie oft überfordert.»

Neben all diesen politischen Fragen, weiss eine Frage aus dem Publikum etwas aufzulockern. Olaf Scholz ist Wehrdienstverweigerer. Er hat Ersatzdienst im Altenheim geleistet. Auch darauf antwortet das Publikum mit Applaus. Damals musste das Verweigern noch gut begründet sein. Rückblicken findet Scholz seine Begründung schlecht und fragt, warum man die durchgehen liess. Er ist ein begeisterter Leser und argumentierte, dass alle Helden in den Büchern von Karl May nie jemanden töten würden.

Zum Ende hin dreht es sich noch einmal um ihn persönlich – das scheinen jedoch Fragen zu sein, die er nicht ausführlich beantworten möchte – fair. Auch er ist und verbleibt eine Privatperson. Auf die Frage, ob man sich an die Privilegien und die Macht des Kanzleramtes gewöhnt, sagt er, dass es wichtig sei etwas zu wissen: Auch als Kanzler:in verbleibt mein ein 84millionstel Deutschlands – man ist nur ein Teil eines grossen Ganzen. Er könne auch nicht singen und würde jetzt auch nicht noch damit anfangen. Auf die Frage, wann er das letzte mal geweint habe, antwortet er klipp und klar, dass das schon länger her ist und uns auch nichts angehe. Fair! Das Publikum stimmt hier mit tosendem Applaus zu. Scholz verspürt keinen Abschiedsschmerz von seinem Amt. Er meint, vielleicht helfe es ihm hier, Demokrat zu sein – schliesslich ist und verbleibt er Verfechter der freien Wahl. Über die nun freie Zeit hat er sich nicht viele Gedanken gemacht. Er wird sich zukünftig weniger auf das aktuelle Tagesgeschehen fokussieren und mehr darauf Wert legen, Politik weiter in die Zukunft zu machen. Trotz seines Amtes kam er auch bisher ganz gut zu Ferien und Freizeit – klar, jetzt wird er dafür mehr Zeit haben. Über diese Aussage grinst er und scheint sich insbesondere auch über mehr Zeit mit seiner Frau zu freuen.


Zum Mittagessen treffen wir uns alle wieder. Wir nehmen es danach gemütlich und schlendern verstreut über die Messe und erkunden die verschiedenen Angebote. Obwohl es leider nirgendwo ein Eis zu finden gab, kam man auf der Suche danach an etlichen Bücherständen, Chören, Menschen, die lachen und sich freuen, diskutieren und vielen weiteren Dingen vorbei.
Der nächste Programmpunkt ist leider aufgrund einer Sturmwarnung abgesagt worden, woraufhin wir zurück ins Gemeindehaus geflohen sind. Dort genossen wir unsere erzwungene Pause und deckten uns mit Kuchen aus der Bäckerei nebenan ein. Wir verdauen neben dem Gebäck auch viele der Eindrücke.
Nach einem stillen Gebet bei der Gastgemeinde, an dem ein paar wenige von uns teilnahmen, gingen wir gemeinsam im Kuhnstwerk in Hannover, wo es insbesondere täglich angeliefertes «frisch gewolftes» Fleisch für die Burger gab, Abendessen und um 22.00 Uhr in ein gregorianisches Komplet in der Gartenkirche. Spät am Abend fielen wir alle müde und gesättigt vom Essen, aber auch voller Gedanken und Segen ins Bett. (von Romana Giossi)




Donnerstag, 1. Mai

Anreise, Empfang in der Altkatholischen Gemeinde und in den Gastfamilien, erste Erkundungen am Kirchentag und ein Abendessen, das ein Abenteuer für sich war


Müsste man den eindrücklichen Tag mit einem Titel versehen, so wäre Abenteuer – grosses Abenteuer – vielleicht der passendste!

An unserem Treffpunkt im Badischen Bahnhof trudeln nach und nach alle Teilnehmenden ein. Der Zug fährt pünktlich, unserer Reise an den Deutschen Evangelischen Kirchentag steht nichts mehr im Wege. Im Zug gibt es Zeit und genügend Platz, um sich immer wieder in neuen Konstellationen zusammenzusetzen und sich auszutauschen. Die App des Kirchentags auf allen Handys installiert und die Tickets damit verknüpft, sind wir vorbereitet für Hannover. Von Toni bekommen wir zum Dessert einen grossen und bunt bebilderten Appenzeller Biber spendiert, der vorzüglich schmeckt und Energie liefert für die Fortsetzung!

Der Bahnhof von Hannover – ein «Einkaufsbahnhof» – wie wir den Schildern entnehmen können und was wir in diesem Moment ein bisschen belächeln – wird am Abend in unseren Köpfen zu einem «Ankerpunkt für harte Zeiten» – aber das ist eine Geschichte, auf die ich später noch einmal zurückkommen werde. Aus dem Bahnhof raus, erwartet uns eine belebte Stadt bei sommerlichen Temperaturen! Wunderbar! Noch erschliesst sich uns nicht ganz, was davon Kirchentag, was 1. Mai- oder normaler Alltagsbetrieb ist, aber eindrücklich ist es allemal.

Dank der Technik und menschlicher Navigationsgabe erreichen wir die Altkatholische Gemeinde mit dem öffentlichen Verkehr ohne Umstände. Auf dem Weg fällt uns auf, wie grün die Stadt ist. Grosse Gärten, Baumanlagen in frischem Frühlingsgrün bilden einen schönen Kontrast zu den zahlreichen roten Backstein-Gebäuden. Mit dem Wegbeschrieb des Pfarrers der Altkatholischen Kirche, Oliver Kaiser, finden wir direkt zur Kirche und dem Gemeindehaus, wo wir mit Kaffee, Tee und kalten Getränken empfangen werden. Ein warmer, freundlicher Empfang erwartet uns. Oliver Kaiser heisst uns willkommen: Im Garten des Gemeindehauses hat die Gemeinde für uns bereits zwei grosse Zelte hergerichtet, Matten auf die Böden ausgebreitet, Feldbetten aufgestellt – wir können unser Quartier ohne Eigenleistung direkt beziehen. Ja, sogar Stromleisten und Lichterketten sind montiert, damit wir vor dem Lichterlöschen im Zelt noch auf Sicht herumnuschen können.
Diejenigen, die bei den Gastfamilien untergebracht sind, werden von der Gastgeberin abgeholt. Noch alle beisammen, übergeben wir die Gastgeschenke und überbringen die Grüsse aus Basel.

In der Kirche, die von 2009 bis 2011 errichtet worden ist, proben Musiker für einen Auftritt. Es herrscht eine frohe Stimmung. Von Oliver Kaiser erfahren wir, dass das Land, auf dem die Kirche steht, seit dem 1. Jahrtausend nach Christus in kirchlichem Besitz ist. Wechselnde Glaubensgemeinschaften waren hier angesiedelt, aber immer diente dieser Fleck Erde dem kirchlichen Leben.

Nach der Runde durch die Räumlichkeiten richten wir uns ein und haben einen Moment zum Ankommen und Ausruhen, bevor wir in unsere erste Runde auf dem Kirchentag starten.

Für den Abend ist vorgesehen, dass wir uns alle auf dem Messegelände treffen, dort zusammen zu Abend essen und wir uns dann aufteilen und zwei der stattfindenden Konzerte besuchen. Mit dem öffentlichen Verkehr reisen wir zur Messe. Das erste Staunen betrifft die Dimension des Messegeländes! Ein riesiges Areal mit futuristisch anmutenden Gebäuden präsentiert sich uns. Als es dann um das Abendessen geht, wird es spannend. Wo am Tag noch Menschenmengen und viele Aktivitäten und Essensangebote waren, ist es am Abend recht leer. Wir bleiben aber zuversichtlich, dass wir irgendwo in dieser Weite des Geländes etwas zu essen finden. Aber weit gefehlt. Am Westende angekommen, müssen wir feststellen, dass es auf dem Gelände nichts zum Essen gibt und dass ein Drehkreuz uns zwar das Messegelände verlassen lässt, aber keinen Zugang mehr zulässt. Und um etwas Essbares zu finden, hätten wir das Drehkreuz passieren müssen. Was also tun? Der Hunger war gross, die Zeit fortgeschritten. Nach Inspektion der Gegebenheiten rund um das Drehkreuz, wählen wir dann eine pragmatische Lösung: zwei aus der Gruppe marschieren zum nahe gelegenen Mc Donald’s und besorgen uns das Abendessen! Eins kann ich verraten: es sind die besten Burger – ever! Auf einer Bank und am Boden sitzend schmausen wir unsere Burger & Co. Die Stimmen verstummen für eine Weile und die Lebensgeister kehren nach den ersten Bissen zurück. Wir können dann auch tatsächlich noch den letzten Teil des Konzerts besuchen, welches geplant war. Im Anschluss passen wir unser Programm unseren Kräften an und schliessen den Tag mit einem Nachtsegen mit Lichtermeer ab. Unter dem Sternenhimmel und dem Licht des Mondes bei sommerlichen Temperaturen bildet das gemeinsam gesungene Lied «der Mond ist aufgegangen» den Abschluss. Im Innern ruhig geworden, spazieren wir den Weg zurück zum Ost-Ausgang.
Den Heimweg treten wir mit U-Bahn und Bus an. Müde sitzen wir beim Umsteigen in einem verlassenen Quartier bei der Busstation auf einer Mauer…. Bis der Bus «zu uns kommt», wie es Jean-Luc treffend formuliert. In der Stimmung dieser Perspektive freuen wir uns auf unsere Feld- und Gastbetten.

Ein reicher Tag geht zu Ende – schauen wir, was der morgige bringen mag.


Mittwochabend, 30. April 2025

Generationenreise an den Deutschen Evangelischen Kirchentag – Wir haben gepackt und sind startklar!

Wir – Gemeindemitglieder aus verschiedenen Generationen und Studierende der Theologischen Fakultät – reisen am Donnerstag, 1. Mai, nach Hannover an den Deutschen Evangelischen Kirchentag, der in diesem Jahr zum 39. Mal und unter dem Motto «mutig – stark – beherzt» durchgeführt wird. Es werden etwa 100'000 Teilnehmende in Hannover erwartet. Auf dem Programm stehen ca. 1500 Veranstaltungen. Namhafte – zum Teil internationale – Gäste aus Kirche, Politik, Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und öffentlichem Leben werden erwartet, die den Kirchentag auf Podien, in Konzerten und Gottesdiensten mitgestalten, mitdiskutieren und Impulse geben. Übrigens wird es an allen Tagen auf der Homepage des Kirchentags die Möglichkeit geben, Veranstaltungen online zu verfolgen. Hier geht’s zu den Live-Veranstaltungen des Kirchentags: https://www.kirchentag.de/live

Was ist der Deutsche Evangelische Kirchentag überhaupt?
1949 wurde der Deutsche Evangelische Kirchentag ins Leben gerufen. Gegründet wurde die Laienbewegung als Reaktion auf den fehlenden Widerstand der Amtskirche während der Zeit des Nationalsozialismus. Die Bewegung wollte und will eine Schnittstelle zwischen Kirche und Welt sein. Organisiert wird der Kirchentag aber nicht von der Amtskirche, wie vermutet werden könnte, sondern wird als gemeinnütziger Verein geführt, der mit Hilfe von Hunderten ehrenamtlichen helfenden Händen das Programm auf die Beine stellt. Der Kirchentag bietet während fünf Tagen ein riesiges Angebot an kulturellen, geistlichen und gesellschaftspolitischen Veranstaltungen, aus denen ein eigenes Programm zusammengestellt werden kann: die Qual der Wahl!

Doch der Deutsche Evangelische Kirchentag wirkt mit seinen Themen und Diskussionen weit über die jeweiligen fünf Tage der Durchführung hinaus. In der Selbstbeschreibung auf der Homepage lesen wir:
• Kirchentag ist thinktank für Ideen – und alle sind eingeladen, etwas beizutragen.
• Kirchentag lebt vom Austausch und Diskurs, vom Streit und der Versöhnung.
• Kirchentag vereint Menschen, die sich gesellschaftlich engagieren wollen.
• Kirchentag wird bewegt von Menschen, die ihn mittragen.
• Kirchentag will etwas bewegen, politisch, gesellschaftlich und religiös.
• Kirchentag hat eine klare Haltung und bezieht Stellung – zum Beispiel gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus.
• Kirchentag will orientieren, gibt keine einfachen Lösungen vor, sondern ermutigt und lädt ein, gemeinsam nach neuen Wegen zu suchen.
Wir haben uns ein Programm zusammengestellt und sind gespannt, was uns in Hannover erwartet.
Kirchentag Hannover
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Fotograf/-innen Diverse Fotograf:innen, zVg
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Publiziert von Franz Osswald am 01.05.2025   Besuche: 154 Monat